Einführung

Lieber Leser,

Eigenverantwortung und Zusammenarbeit, das waren die Grundsätze, mit denen vor mehr als fünfzig Jahren der selbständig von der Jugend ausgeführte Bau des Oberlin-Hauses im Elsaß begann.

Erst zwanzig Jahre später hatten Jugendliche aus aller Welt einen bewohnbaren Zustand erreicht. Seit dem kamen immer mehr Gruppen, wie zum Beispiel Klassenfahrten oder Konfirmandenfahrten ins Oberlin-Haus gereist, um hier eine Woche oder länger zu leben und weiter zu bauen.

Durch das direkte Zusammenleben mit der Natur ging mit diesem Bauen ein besonderer Impuls, der das Oberlin-Haus für Gruppen, die hier eine Zeit leben, zu einer wertvollen und nicht alltäglichen Erfahrung werden läßt: Hier geht man nicht unter die Dusche und dreht einfach den Heißwasserhahn auf; erst muß ein Feuer das hauseigene Quellwasser aufheizen. Hier macht man nicht einfach die Zentralheizung an; erst muß jemand ein Feuer in der Holzheizung machen. Auch kann man im Oberlin-Haus nicht die ganze Nacht das Licht anlassen, sonst sind die solargeladenen Batterien leer. Ja selbst für das Abwasser müssen die Bewohner ein anderes Bewußtsein entwickeln, weil das Haus eine eigene Kläranlage betreibt. Dies alles verlangt eine besondere Art der Selbstorganisation und des Gemeinschaftsgefühles.

Nun, dreissig Jahre nach Beginn der Bauarbeiten, die gerade auch im Gelände ums Haus immer noch nicht abgeschlossen waren, begann sich das Oberlin-Haus immer konkreter mit seiner inhaltlichen Aufgabe zu verbinden, mit der Aufgabe Jugendlichen aus aller Welt die Möglichkeit zu geben, Lebenserfahrungen zu machen, sie zu einem internationalen Austausch zusammenzuführen.

An diesem Punkt möchten wir auch Sie auf uns aufmerksam machen und Sie dazu einladen, in das Oberlin-Haus zu kommen.

Mit freundlichen Grüßen,

Der Vorstand des Oberlin-Hauses

Praktische Möglichkeiten in Haus und Umgebung

  • Das Oberlin-Haus bietet ausreichend Räumlichkeiten für: Unterricht, künstlerische und andere praktische Arbeiten, Menschenweihehandlung, Schauspiel-, Chor- und Orchesterproben, sowie Eurhythmie, Tanz und Gesprächskreise.
  • Die Landschaft um das Haus eignet sich aufgrund ihres Mittelgebirgs-charakters besonders gut für Feldmeßpraktika und Forstpraktika (eigenes Waldstück).
  • Landschaftsgestaltung ums Haus: Erdarbeiten, Mauern ziehen, Wege fassen, Kräutergarten anlegen etc. Sie planen und arbeiten zusammen mit uns.
  • Das Haus liegt in 960 m Höhe inmitten eines großen Naturschutzgebietes im Elsaß. So öffnet sich dem Besucher ein ausgedehntes Wandergebiet. Im Winter sind Langlaufskiwege (50 km) und Abfahrtmöglichkeiten vorhanden.
  • In der Nähe des Oberlin-Hauses befinden sich für den Geschichtsuntericht interessante Museen: Laufgrabenmuseum am Lingekopf (Geschichte des 1. Weltkrieges im Elsaß), Albert-Schweitzer-Museum und Wohnhaus, Oberlin-Museum im Pfarrhaus Waldersbach, Museum „Unterlinden“ in Colmar (Isenheimer Altar von Mathis Grünewald), Haut Koenigsburg, Raubvogel-, Schmetterlingsgarten, Eco Musée, Freilichtmuseum (alte Zünfte). Ein Ausflugsziel besonderer Art ist das Silberbergwerk Saint Luis - Eisentür in Ste Marie aux Mines, das unter Tage die Bergbautechniken des 16. Jahrhunderts darstellt. Gummistiefel, Jacke sowie Helm mit Lampe werden zur Verfügung gestellt.

Die Geschichte eines ungewöhnlichen Hauses hoch oben in den Vogesen des Elsaß

Anfang der 60er Jahre suchten einige Priester der Christengemeinschaft nach einem Ort, wo sie ihre in einer Scheune begonnenen Kinderlager fortsetzen konnten, denn die Räume waren ihnen gekündigt worden. Überall wurde intensiv gefragt und gesucht. Schließlich bot ein in Colmar ansässiger Vater ein Grundstück zwischen Lac Noir und Col du Wettstein an. Als bekannt wurde, daß dort ein Haus von der Jugend für die Kinder- und Jugendarbeit gebaut werden könnte, verbreitete sich eine Welle der Begeisterung durch Frankreich, Holland und Deutschland. Impulsiert von dem Lebenswerk Rudolf Steiners, in dem die Zusammenarbeit von Arzt, Priester und Lehrer veranlagt wurde, begeistert von der Idee, gemeinsam mit anderen Jugendlichen ein Haus in eigener Mitverantwortung zu bauen und zu verwalten, begann die Arbeit.

Geprägt durch die Anstrengung in harter Arbeit mit Kopf, Herz und Hand für sich und kommende Generationen einen Ort internationaler Jugendbegegnung zu schaffen, hat sich dieses Haus langsam in die Welt gestellt.

Fördervereine wurden gegründet und in den Sommerferien stellten Jugendliche alte Baubaracken auf. Eine intensive Baulagerzeit begann. Jahr für Jahr planten und bauten hunderte Jugendliche aus aller Welt an dem Haus in freier Wildbahn. 1975 wurde das Richtfest gefeiert. In Jean Frédéric Oberlin entdeckten die Jugendlichen einen Geistverwandten dieses Impulses und benannten das Haus nach ihm. Jetzt beteiligten sich auch einzelne Waldorfschulen (Stuttgart-Kräherwald und Nürnberg) an dem Ausbau der Zimmer durch Unterrichtspraktika.

Das hier schon früh erwachte Umweltbewußtsein in der Jugend führte zu einem radikalen Ablehnen konventioneller Bauweise. Korkwärmedämmung und ein zentraler Holzofen wurden eingebaut, eine eigene Stromversorgung (kein Atomstrom) durch Solarenergie und Gasgenerator wurde mit dem Frauenhofer Institut in Freiburg entwickelt, Quellen für das Trinkwasser wurden gefaßt auch das Abwasser wird nun durch eine neue biologische Kläranlage auf der Basis von Pflanzen und Mineralien gereinigt.

Mit der Bauabnahme 1985 konnte das Haus immer mehr seiner Bestimmung übergeben werden. Ein Hausmeister fand sich ein, internationale Bauepochen für ältere Jugendliche mit anschließenden Wanderungen in vielen Ländern und Familien-Bauepochen lösten die Baulager ab. Schulklassen konnten Feldmessen und andere Aufenthalte durchführen.

Dann, im Jahr 2015, als sich der 50. Jahrestag des Projekts und der 30. Jahrestag des Hauses näherte, wollten wir einen weiteren Schritt in der idealistischen Suche nach ökologischer Modellhaftigkeit machen: Das Oberlinhaus wurde energetisch saniert und die alte Dachdeckung aus Eternit (die ursprünglich aus Gründen der Sparsamkeit und Effizienz ausgewählt wurden, und weil wir damals die damit verbundenen Probleme nicht wirklich ahnen konnten) wurde durch Naturschiefer ersetzt. Die Wände, die bisher nicht isoliert waren, wurden mit Holzwolle gedämmt und das Haus bekam eine neue Fassade aus heller, regionaler Douglasie. Auch die Dachfenster wurden durch Hochleistungsmodelle ersetzt. Alle diese Arbeiten wurden ab dem Frühling 2015 ein Jahr lang von jungen Enthusiasten, unter Anleitung eines Zimmerers und eines Dachdeckers durchgeführt. Die Finanzierung erfolgte durch Spenden und durch die Einsparungen, die, durch die gute Bewirtschaftung des Hauses in den vergangenen Jahren erzielt wurden. Man brauchte kein Geld zu leihen! Das Oberlinhaus bleibt so seinen Idealen treu, hat aber deutlich an Wohnkomfort und an Einsparungen in Bezug auf die Heizbrennstoffe gewonnen.

Was werden die nächsten Schritte sein?